30 april 2021 | 4 Minuten Lesezeit
Von flüssiger Aquarellfarbe über den Schraubverschluss bis hin zu cadmiumfreier Ölfarbe. Den renommierten Hersteller Winsor & Newton gibt es seit fast 200 Jahren und in dieser Zeit hat das Haus die Welt der Malerei mehr als nur einmal revolutioniert. Welches Geheimnis steckt dahinter? Seit der Gründung im Jahr 1832 bis heute gibt es hier eine direkte und enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern und Künstlern.
Die lange Tradition der Firma entsprang der Freundschaft zweier Jugendfreunden, William Winsor und Henry Newton, der eine ein Chemiker und der andere ein leidenschaftlichen Maler. In den turbulenten Zeiten der industriellen Revolution beschlossen die beiden Herren, sich zusammenzuschließen, um Künstlerfarbe zu produzieren. Das Geschäft wird in Henry Newtons Haus in London gegründet. Die Kombination von wissenschaftlichen Einsichten und Kreativität war ein brillanter Schachzug. Gemeinsam gelangt es ihnen, die Benutzerfreundlichkeit und die Qualität der damals gebräuchlichen Künstlerfarben, die oft viel zu wünschen übrig ließen, deutlich zu verbessern. 1835 erfanden sie die erste echte flüssige Aquarellfarbe durch die Hinzufügung von Glycerin. Eine Erfindung, die die Welt schnell eroberte sollte.
Henry und William wussten genau was Künstler brauchten: hochwertige Farben, auf die man sich verlassen konnte. Neben der Herstellung von Aquarell- und Ölfarben wurde auch an die Verpackung gedacht. Die heute allgegenwärtige Farbtube und der dazu gehörende Schraubverschluss, der es ermöglichte die Farbe sicher zu transportieren, wurde 1842 von William Winsor als Patent angemeldet. Man kann durchaus sagen, daß diese Erfindung letztendlich eine Revolution in der Malerei verursachte. Wo Maler früher nur draußen skizzieren konnten und für das eigentliche Gemälde in ihr Atelier zurückkehren mussten, ermöglichte der Schraubverschluss, ein Tube zu schließen und nach draußen mit zu nehmen. Dies ermöglichte es Künstlern, im Freien zu malen. Es waren die weltberühmten Impressionisten, die ihre Leinwand und Staffelei nahmen und auf die Straße gingen, um den Alltag in seinen Schattierungen aus Farbe, Licht und Kontrast festzuhalten. Die plein air Malerei wurde geboren.
Ein sehr besonderer Farbton von Winsor & Newton ist das Rose Madder Genuine. Das Pigment für diesen Farbton wird aus den Wurzeln des Färberkrapps (Rubia) gewonnen. Funde in ägyptischen Gräbern und in den Ruinen des alten Pompeji zeigen, dass diese Pflanze bereits in der Antike verwendet wurde, um einen roten Farbstoffe herzustellen.1804 entdeckte der englische Malermeister George Field eine Methode, um aus der Krappwurzel ein stabiles Pigment zu erhalten, das viel stärker und lichtechter als die gebräuchlichen Farbstoffe war. William Winsor erkannte die Bedeutung von Fields Entdeckung und erwarb nach Fields Tod im Jahr 1854 seine Notizen und Rezepte. Bis heute ist Winsor & Newton der einzige Hersteller, der Rose Madder Genuine nach der ursprünglichen Rezept von George Field herstellt. Um die Wirkung des weichen, tiefen und kräftigem Rosa zu erleben, muss man heute nicht mehr weit suchen - man findet sie in der Öl- und Aquarellfarben Palette von Winsor & Newton.
1841 erhielt Winsor & Newton eine königliche Auszeichnung von Queen Victoria von England. Für ihre Aquarelle und Portraits war die Königin nur mit dem besten Material zufrieden. Victoria bat sogar darum, Pinsel in ihrer Lieblingsgröße nur für sie herzustellen. So entstanden die bekannten "Serie 7" Pinsel. Die Serie 7 Pinsel - obwohl nicht mehr aus Elfenbein und Silber gefertigt - bewähren sich heutzutage immer noch und zählen zu den meistverkauften Pinseln von Winsor & Newton.
Eine weitere Innovation, die wir Winsor & Newton verdanken, sind die deutlichen Angaben über die Zusammensetzung und Beschaffenheit von Farben auf Etiketten. Bereits 1892 wurde das Buch “Notes on the composition and permanence of Artists’ Colours” veröffentlicht, auf deutsch etwa Anmerkungen zur Zusammensetzung und Beständigkeit von Künstlerfarben. Dieses Buch informierte Künstler darüber was genau in ihren Farbe enthalten ist und wie sich dieses oder jenes Pigment verhält. Winsor & Newton gab seither die Informationen auch direkt auf den Etiketten an. Der Nutzer konnte und kann heute noch auf einen Blick sehen, ob die Farbe die richtige Deckkraft oder Lichtechtheit hat.
1837 präsentierte Winsor & Newton chinesisches Weiß. Eine halbdeckende weiße Aquarellfarbe, die später die Grundlage für Gouache wurde.